Das Oberlandesgericht Schleswig hat mit Urteil vom 31.01.2023 (Aktenzeichen 7 U 134/16) sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit ein Geschädigter im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, sich bei schadensbedingten psychischen Störungen in eine psychiatrische Behandlung zu begeben. Ausgehend von der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Schadensminderungsobliegenheit bejahte das OLG eine solche Verpflichtung: Eine Obliegenheitsverletzung setzt voraus, dass der Geschädigte es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2015 VI. ZR 8/14) darf der Verletze nicht anders handeln, als ein verständiger Mensch, der die Vermögensnachteile selbst zu tragen hat. Er muss daher bei nicht ganz geringfügigen Verletzungen einen Arzt aufsuchen und zumutbare Anordnungen befolgen. Diese Rechtsprechung sei auch auf psychische Erkrankungen zu übertragen. Die Aussicht darauf, möglicherweise im Zuge einer medikamentösen Therapie mit Antidepressiva Nebenwirkungen zu erleiden, schließe die Zumutbarkeit nicht aus. Die überzeugende Entscheidung zeigt einmal mehr, dass gerade im Bereich des Schadenfolgenrechtes eine detaillierte Auswertung des Sachverhaltes und eine akribische Argumentation notwendig ist.