Wird bei der Entfernung eines pharyngealen Tumors im Halsdreieck der Nervus accessorius geschädigt, rechtefertigt dies keinen Anscheinsbeweis für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, wie das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 20.06.2024 – 4 U 841/22 – feststellte. Es gebe keinen allgemeinen medizinischen Erfahrungssatz, wonach der Eintritt einer Komplikation auf einen ärztlichen Fehler zurückzuführen ist. Ein solcher Anscheinsbeweis sei im Arzthaftungsbereich selten und nur dann in Betracht zu ziehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Fehler als mögliche Ursache einer Komplikation sprechen. Solche konkreten Anhaltspunkte seien vorliegend nicht gegeben. Allein der Eintritt einer seltenen Komplikation bei einer zudem schwierigen Operation lasse einen entsprechenden Rückschluss nicht zu. Dies gelte vorliegend umso mehr vor dem Hintergrund, dass der konkrete interoperative Schädigungsmechanismus unklar sei. Neben einer behandlungsfehlerbedingten Durchtrennung komme etwa auch eine Druckschädigung in Betracht.