Der Bundesgerichtshof hat sich im Urteil vom 12.05.2022 - III ZR 78/21 - mit der Frage auseinandergesetzt, ob gegen gesetzlich krankenversicherte Patienten eine Ausfallgebühr aus § 615 BGB berechnet werden kann. Dabei bestätigte der BGH, dass die Regelung des § 615 S. 1 BGB, wonach der zur Dienstleistung Verpflichtete im Fall des Annahmeverzuges die vereinbarte Vergütung verlangen kann, auch im Rahmen des Behandlungsvertrages anwendbar ist. Insbesondere bestehe kein Widerspruch zur Möglichkeit des außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 627 BGB, da der Patient durch rechtzeitige Kündigung seine Interessen hinreichend wahren könne. Auch gegenüber gesetzlich versicherten Patienten sei § 615 BGB anwendbar. Voraussetzung des Anspruchs sei jedoch, dass der abgesagte Termin nicht anderweitig zur Behandlung anderer Patienten benutzt worden ist. Allerdings verneinte der BGH im konkreten Fall das Vorliegen eines Annahmeverzuges, da die streitgegenständliche Behandlung (Ergotherapie) zum damaligen Zeitpunkt ohnehin infolge der damals geltenden Corona-Schutzverordnung nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht in Übereinstimmung mit der diesbezüglich veröffentlichten Literatur und zeigt einmal mehr, dass Praxen mit reinen „Bestellterminen“ bei kurzfristiger Absage des Termins seitens des Patienten durchaus ihre Vergütung begehren können. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftig in der Praxis von dieser Möglichkeit vermehrt Gebrauch gemacht wird.