Der BGH hat sich in einem bedeutenden Urteil vom 20.12.2022 - VI ZR 375/21 - zur Frage des Zeitpunkts der Aufklärung und der Unterzeichnung des Aufklärungsbogen positioniert und dabei ein viel diskutiertes Urteil des OLG Bremen aufgehoben. Eine zwingende Bedenkzeit vor Unterzeichnung des Bogens müsse nicht eingeräumt werden.
Das OLG Bremen hatte in seinem Urteil vom 25.11.2021 - 5 U 63/20 - einen Aufklärungsmangel angenommen, weil ein Patient zwar mehrere Tage vor einer geplanten Operation von einer Ärztin über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs aufgeklärt worden war, aber direkt im Anschluss an das Aufklärungsgespräch den Aufklärungsbogen unterzeichnet hatte. Der BGH betont, dass das OLG den Wortlaut des § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB überspannt und überzogene Anforderungen an die Pflichten zur Einholung einer Einwilligung des Patienten gestellt habe. Entscheidend sei allein, dass ein Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufgeklärt werde, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahrnehmen kann. Die direkte Unterzeichnung eines Aufklärungsbogens im Anschluss an ein Aufklärungsgespräch ist damit nicht per se fehlerhaft: Wenn sich ein Patient bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage sehe, sei es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen. Wünsche er dagegen noch eine Bedenkzeit, so könne er von der Erteilung einer – im Anschluss an das Gespräch ärztlicherseits erbetenen - Einwilligung zunächst absehen.