Das OLG Hamm (Urteil vom 26.10.2022 – I-11 U 127/21) hat sich mit verschiedenen Fragen in Bezug auf behauptete Fehler im Rahmen einer Notfallrettung auseinandergesetzt. Der verstorbene Ehemann der Klägerin erlitt in einem Waldstück einen Herzinfarkt. Die Zufahrt hierzu war durch eine Schranke verschlossen, sodass die Besatzung des Rettungswagens und die Notärztin die Fahrzeuge vor der Schranke abstellten und die restlichen 300 m zu Fuß zum Patienten gingen., was die Klägerin – ohne Erfolg- als fehlerhaft rügte. Die Haftung des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen richtet sich nach dem OLG nach den Grundsätzen der Amtshaftung. Passivlegitimiert sei die beklagte kreisangehörige Stadt als Trägerin des Rettungsdienstes. Grundsätzlich könne zwar die Rechtsprechung zur Beweislastumkehr bei einem groben Behandlungsfehler auch im Rahmen der Amtshaftung des Rettungsdienstes Anwendung finden, ein solcher Fehler sei jedoch vorliegend nicht nachgewiesen. Eine Verpflichtung, auf jedem Rettungsdienstwagen einen passenden Schrankenschlüssel oder einen Bolzenschneider zu führen, bestehe nach sachverständiger Beratung nicht. Auch sei es nicht fehlerhaft, in einer solchen Situation sich zu Fuß zum Patienten zu bewegen. Diesbezüglich verwies das OLG darauf, dass es sich bei vergleichbaren Einsätzen um besondere Stresssituationen handelt, in der die Entscheidung, zu Fuß die Wegstrecke von ca. 300 bis 400 m zu gehen, keine Pflichtverletzung darstelle. Die überzeugend begründete Entscheidung des OLG Hamm zeigt einmal mehr, dass bei der Bestimmung des ärztlichen Standards auch berücksichtigt werden muss, das im Rahmen der Tätigkeit des Rettungsdienstes ein hoher Zeitdruck bei nur eingeschränktem Erkenntnisstand vorliegt.