In Abkehr von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in einer nun veröffentlichten Entscheidung (Urteil vom 06.12.2022 – VI ZR 168/21) die Rechte von Geschädigten weiter ausgebaut. Schockschäden umfassen nach neuer Ansicht der Karlsruher Richter auch psychische Störungen, die lediglich mittelbar durch die Verletzung des Rechtsguts eines Dritten verursacht worden sind. Aufgegeben wurde die bisher einschränkende Auslegung des Tatbestandmerkmals der Gesundheitsverletzung: Sobald die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar ist, bedarf es für die Bejahung einer Gesundheitsverletzung künftig nicht weiter einer Feststellung, dass die Störung über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Betroffene bei der Verletzung eines Rechtsgutes eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind. Mit dieser Rechtsprechungsänderung bezweckt der erkennende Senat eine konsequente Gleichstellung von physischen und psychischen Beeinträchtigungen.