Eine Millionen Euro Schmerzensgeld hatte das LG Limburg im Jahr 2021 einem Kind in einer Arzthaftungsangelegenheit zugesprochen (LG Limburg, Urteil vom 28. Juni 2021 – 1 O 45/15) und damit den Rahmen bisheriger Entscheidungen deutlich überschritten. Dementsprechend schlug das Urteil große Wellen und wurde oft von Klägern zitiert. Die Mutter eines Kindes gab diesem Apfelstücke und Chips zum essen. Eine Pflegekraft verabreichte dem Kind intravenös ein Antibiotikum, ohne zuvor zu fragen, ob es gegessen hatte. Während dieser Maßnahme wurde das Kind bewusstlos, da ein Apfelstück in die Luftröhre des Kindes gelangt war. Das Kind erlitt einen hypoxischen Hirnschaden und wird lebenslang auf Pflege angewiesen sein.
Nunmehr hat das OLG Frankfurt (Urteil vom 25.04.2023 - 8 U 127/21) die Entscheidung des LG Limburg aufgehoben und die Klage abgewiesen: Das Verhalten der - hinreichend qualifizierten - beklagten Krankenschwester sei nicht behandlungsfehlerhaft gewesen. Sie habe hier lediglich die allgemein der Verminderung des Aspirationsrisikos im Behandlungsalltag zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen. Das festgestellte Verhalten entspreche den von den Sachverständigen herausgearbeiteten Sorgfaltsstandards. Kau- oder Schluckbewegungen seien von ihr nicht festgestellt worden, sodass auch keine weiteren Vorsichtsmaßnahmen zur Verringerung des allgemeinen Aspirationsrisikos geboten waren.